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50 Prozent
Trefferquote. 

Illustration einer Hand, die eine Münze wirft

Die Hälfte aller
Business-Entscheidungen sind falsch. Was tun? 

Die Hälfte aller Business-Entscheidungen sind falsch.

Das sage nicht ich, das hat Professor Paul C. Nutt veröffentlicht (1), der 20 Jahre lang Entscheidungen in Unternehmen analysiert hat. Er hat die Verantwortlichen vorab gefragt, welches Ergebnis sie von ihrer Entscheidung erwarten und hat dann die Projekte 2 Jahre lang beobachtet. 52% scheiterten: Neue Produkte wurden rasch wieder eingestellt, Fusionen oder Joint Ventures kamen nicht zustande oder wurden wieder aufgelöst, neue IT-Lösungen wurden zwar implementiert, aber nicht genutzt...

 

Die Studie stammt aus dem Jahr 1999. Es ist aber kaum anzunehmen, dass das Ergebnis heute, in Zeiten großer Ungewissheit,  besser ausfallen würde. 

 

Was tun?

Eine Möglichkeit wäre, einfach eine Münze zu werfen. Das würde zumindest Unmengen an Managementzeit und Unternehmensberaterkosten sparen. Hätte allerdings dieselbe unbefriedigende Trefferquote von 50%.

Doch wie kann man die erhöhen? 
Auch das hat Professor Nutt für uns untersucht. Er hat analysiert, was die erfolgreichen Entscheidungen von den gescheiterten unterscheidet. Das sind die wichtigsten Faktoren:



1)  
De
n Entscheidungsprozess nicht delegieren. 

 

Jede:r, der beratend tätig ist, hat es oft genug erlebt: Wenn man Entscheidungen vorbereitet, die am Schluss “nur noch mal kurz durch die GF müssen” – dann geht das schief. 

“Personally manage your decision-making process.“ 

 

Die Konsequenz für meine Beratung: Ich arbeite nicht als Entscheidungsvorlagenzuarbeiter. Sondern nur, wenn die Person dabei ist, die das Ganze letztlich verantwortet – zumindest bei den Meilensteinen. 

2) 

Sich die Zeit nehmen, das Thema zu durchdringen. 

 

Auch oft erlebt: Weil die Wenigsten gerne schwerwiegende Entscheidungen treffen, werden die so lange wie möglich heraus gezögert. Plötzlich ist dann, oh Wunder, großer Druck auf dem Kessel, und man muss ganz schnell zu einem Ergebnis kommen. Tenor: “Wir haben jetzt lange genug rumgeeiert”. 

“The time spent on reflecting on what is the issue
can pay handsome dividends”

 

Häufig zeigt sich dann bei der Umsetzung, dass wichtige Erfolgsfaktoren nicht bedacht wurden. Das Projekt gerät ins Stocken, wird eingestellt oder nur halbherzig verfolgt. Dabei verliert man deutlich mehr Zeit als die, die man zuvor nicht gehabt zu haben glaubte. Und letztendlich wird das Projekt dann zum Flop. 

 

Die Konsequenz für meine Beratung:  Wer nicht 10 Arbeitstage hat, um eine erfolgskritische  Entscheidung nochmals zu durchdenken, dem kann ich nicht helfen.

 


 

3)  
Ein Ziel vorgeben. 
Aber nicht gleich die Lösung.  


Entscheidungen sind dann erfolgreich (so Professor Nutt), wenn die verantwortliche Person zu Beginn des Prozesses interveniert und ein übergeordnetes Ziel vorgibt. 

“An open search reduces the chance of failure.“ 

 

Achtung: Es geht ums Ziel, nicht darum, die (vermeintliche)  Lösung gleich mitzuliefern!
Denn das geschieht häufig - und oft sehr subtil.  Denn oft sind Lösungen bereits in die Zielvorgabe "eingebacken", wie Thomas Wedell-Wedellsburg es in seinem sehr empfehlenswerten Buch "What's your Problem?" formuliert (2). 

 

Ein Beispiel: Bei einem Vermieter eines Bürogebäudes landen Beschwerden der Mieter über über zu lange Wartezeiten beim Aufzug. Seine Frage lautet: Wie können wir den Aufzug schneller machen? In dieser Frage steckt schon schon eine Lösungsvorgabe (neuer Aufzug), die zwar plausibel, aber sehr zeitaufwendig und teuer ist. Man könnte z.B. auch erst einmal für kleines Geld große Spiegel in den Wartebereichen installieren. Denn Immobilien-Profis wissen:  Jede:r schaut hinein, verbringt einige Sekunden damit – und schon kommt der Aufzug gefühlt schneller. 


Die Konsequenz für meine Beratung:  Der erste Schritt bei einer Entscheidung muss sein, die Entscheidungfrage selbst zu hinterfragen.

 

Wedell-Wedellsburg nennt das im Übrigen “Framing the Problem”.

4) 

Mehr als 2 Optionen identifizieren. 

Entweder-Oder-Entscheidungen sind selten gut. Meistens führen sie dazu, dass man so oder so Abstriche vom eigentlichen Ziel hinnehmen muss. Das geflügelte Wort dazu kennen wir alle: "Einen Tod muss man eben sterben."

Das muss man aber nicht zwangsläufig:  Oft gibt es einen dritten oder vierten Weg. Oder die Chance, das Beste aus unterschiedlichen Lösungsansätzen zu kombinieren. 

“Discarded options are not wasted. They help
confirm the value of a preferred course of action
and frequently offer ways to improve it.“ 

 

Auch hierfür ein Beispiel. Letztens fragte mich ein alter Freund: Soll ich kündigen oder nicht?  Nach kurzem Gespräch hatten wir aus den zwei Optionen zwei Handvoll gemacht – und jede eröffnete eine ganze Reihe von Möglichkeiten:

 

Ist er einfach nur abgearbeitet? (Dann bräuchte er vielleicht nur einen längeren Urlaub oder ein Sabbatical.) Ist er  mit seinem Vorgesetzten unglücklich? (Dann könnte er ja unter Umständen im Unternehmen wechseln.) Glaubt er, daß seine Leistung nicht genügend anerkannt wird? (Dann könnte er dazu erstmal das Gespräch suchen.) Findet er den Job toll, nur für ihn aktuell zu fordernd? (Dann könnte er ja sehen, ob sich die Arbeitszeit verringern lässt.) Möchte er ein eigenes Business aufbauen, scheut aber das Risiko? (Dann könnte er vielleicht seine Arbeitszeit reduzieren, um das als Side Hustle zu starten.) Und so weiter.

Man sieht: Dieses Erweitern des Möglichkeitshorizonts hilft, die Entscheidung und ihre Folgen besser zu durchdringen.

 

Die Konsequenz für meine Beratung:  Wenn ich auf A/B-Entscheidungsfragen vom Typ “Machen oder nicht” stoße, zeige ich immer weitere Optionen auf.

 

Auch im Prozess von Wedell-Wedellsburg ist dies der nächste Schritt: Auf  "Framing the Problem" folgt "Reframing the Problem". 

5)
Die Widerstände beseitigen,

die die Umsetzung behindern. 
 

Die Entscheidung selbst zu treffen, ist das eine - und es ist schwer genug. Noch schwieriger ist es oft, sie durchzusetzen, gegen den Widerstand in der eigenen Organisation.

 

Dies wäre ein Thema für mehr als einen weiteren Beitrag: Sollte man die Betroffenen frühzeitig einbinden? Wie genau kann diese Einbindung aussehen, ohne den Prozess zu beeinträchtigen? Wie kann und sollte man intern kommunizieren? 

 

Paul Nutts Analyse-Ergebnis ist hier nicht überraschend:  Umsetzung “pr ordre de mufti” gelingt eher nicht. Aber auch platte Überzeugungsversuche scheitern. Die Chance für eine erfolgreiche Umsetzung ist dann am höchsten, wenn die Betroffenen aktiv einbezogen werden.
 

“Avoid edicts and persuasion,
even when a decision seems urgent."
 

Die Konsequenz für meine Beratung:  Schon während des Entscheidungsprozesses gilt es zu überlegen, wie man das Team mitnimmt, damit es Teil der Lösung sein kann. 


 

Zugegeben: Einfach ist das alles nicht. Aber allemal besser, als eine Münze zu werfen.

(1)

Nutt, Paul C.  1999. Surprising but True: Half the Decisions in Organizations Fail.  In:  The Academy of Management Executive (1993-2005), Vol. 13, No. 4

(2)

Wedell-Wedellsburg, Thomas. 2020. What's your problem? Harvard Business Review Press 

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